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"Pachacuti" als Folge der Entgrenzung der Gier

Prof.in Dr. Kirsten Mahlke erläuterte den „Umsturz der Welt“ aus Sicht der frühneuzeitlichen Inka

„Zukunftsenergie“ lautet das Thema der öffentlichen Vortragsreihe „Forum Siegen“ im Sommersemester 2025. Zum Auftakt war Prof.in Dr. Kirsten Mahlke (Uni Konstanz) zu Gast im kleinen Theater im Lӱz in Siegen. Ihr Thema lautete „Wie die Welt aus den Fugen geriet: Eine frühe Kritik des Extraktivismus aus den Anden“.

Unter Extraktivismus ist eine Form des Wirtschaftens zu verstehen, bei der natürliche Ressourcen wie Bodenschätze, Pflanzen, Tiere, aber auch Menschen, der Natur entnommen, genutzt und vermarktet werden.

Als Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaftlerin erläuterte Kirsten Mahlke zuvorderst die Herkunft des Begriffs „Energie“: „Energie und Literatur sind sich nicht fremd.“ Der griechische Philosoph Aristoteles habe den Begriff der „Energie“ als Ausdruck für die Kraft der Sprache und deren Wirkung auf ein Publikum eingeführt. Erst im 19. Jahrhundert sei er in den Naturwissenschaften etabliert worden. Aktuell deute sich in der Energiefrage eine Wende hin zu einem technischen aber auch Ideenwandel an, um gutes Leben jetzt und für zukünftige Generationen zu ermöglichen. An diesem Punkt stelle sich auch kulturgeschichtlich die Frage, ob es mit Blick auf die herkömmliche Vorstellung, Ressourcen seien unerschöpflich und dienten der Befriedigung des Konsums, verpasste Chancen gegeben habe: „Gibt es alternative Modelle, die wir heute nutzen können?“

Der Blick der Referentin wanderte zur Beantwortung dieser Frage ins 16. Jahrhundert und in die peruanischen Anden. Die Gier nach Gold, Silber, Zucker und Kaffee markierte den Beginn der Ausbeutung von Ländern und Menschen und somit das Zeitalter der Extraktion. Mahlke: „Das entsprechende Menschenbild und die Ressourcenausbeutung gehörten als kolonialistisches Schema zusammen.“ Unter der Regentschaft Karls V. sei das mäßigende mittelalterliche kirchliche Motto „non plus ultra“ als Aufforderung zu bescheidenem Leben ersetzt worden durch das Motto „plus ultra“ – „immer weiter“. Mahlke: „Plus ultra bedeutete eine radikale Form des Schuldenmachens ohne Ausgleich oder Rückzahlung.“ Das Gebiet der Anden war davon ganz besonders betroffen. Bis zu 90 Prozent der indigenen Bevölkerung kostete dieses Motto das Leben, beispielsweise durch todbringende Arbeit in der Silbermine PotosÍ.

Aus diesem Grund reichte im Jahr 1615 der Inka-Gelehrte und Wanderer Guaman Poma de Ayala eine Klage "Erste Chronik und gute Regierung" beim spanischen König gegen die Ausbeutung seines Landes und dessen Bevölkerung  ein. Den König im fernen Europa erreichten diese Reformvorschläge nicht. Sie wurden erst im 20. Jahrhundert in einem dänischen Archiv entdeckt.

Für die Inka bedeutete die Kolonialisierung durch die Spanier „Pachacuti“ – den Umsturz der Welt. Der Gelehrte plädierte für eine Wiederherstellung der Reziprozität und des Gleichgewichts zur Ermöglichung eines guten Lebens. Darin bestehe die Aufgabe einer guten Regierung. Die Kolonialregierung indes habe zur Zerstörung der wechselseitigen Beziehungen und des Gleichgewichts geführt. Den Herrscher wies er darauf hin, dass Spanien sich in einseitige Abhängigkeit von den Silberadern Amerikas begeben habe, was perspektivisch nicht gut enden könne.

Guaman Poma de Ayala schlug folgende Reformen vor: begangene Verbrechen zu bestrafen, den Verzicht auf koloniale Privilegien, die Rückgabe der Schulden, die Restitution des Landes und die Befreiung der Versklavten. Zudem sollten Grenzen gesetzt werden: zur Begrenzung von Machtbereichen, die zur Entgrenzung der Gier führten, sollten Schichtdienste und Arbeitszeitkontrollen eingeführt werden, die Ämter sollten rotieren, eine Gesundheitsvorsorge sei vonnöten, ebenso eine Geopolitik, die auf gegenseitigem Austausch und Handel beruhe.

Begrüßt worden waren die Gäste und die Referentin von Prof. Dr. Alexander Wohnig. Für das Programm zeichnet Koordinator Max Barnewitz verantwortlich.